08 giugno 2008

L'Accoglienza della Stampa di Seligenstadt alla Delegazione di Piedimonte Matese.




Seligenstadt. Zur Seligenstädter Wallfahrt am 8. Juni erwartet die Basilika-Pfarrei auch eine Pilgergruppe aus Piedimonte Matese, einer Stadt etwa 80 km nördlich von Neapel in der Provinz Caserta. Die Pilger folgen damit einer Einladung, die eine Seligenstädter Wallfahrtsgruppe anlässlich ihres Besuchs in Piedimonte im Juni 2006 ausgesprochen hatte; denn beide Städte, so unterschiedlich sie ansonsten sind, haben etwas gemeinsam: sie verehren in ihren Mauern Reliquien des hl. Marcellinus. Die Verbindung zu Piedimonte geht auf Professor Malatesta zurück, der in den 80er Jahren beruflich öfters in Frankfurt zu tun hatte und bei einer solchen Gelegenheit auch Seligenstadt einen Besuch abstattete, weil er wusste, dass hier die Hl. Marcellinus und Petrus verehrt würden. Bei einem dieser später wiederholten Besuche fasste er sich ein Herz und sprach im Rathaus bei Bürgermeister Karl Schmitt vor. Man verstand sich auf Anhieb, und so war es kein Wunder, dass bald eine Einladung für Bürgermeister Schmitt und Pfarrer Schröder aus Piedimonte eintraf. Dort wurde die kleine Seligenstädter Delegation mit ‚großem Bahnhof’ empfangen und ein Gegenbesuch vereinbart. Acht Männer aus Piedimonte, unter ihnen der dortige Pfarrer, der ehemalige Bürgermeister und der Philosophieprofessor Malatesta, nahmen 2004 an der Seligenstädter Wallfahrt teil. Seither haben sich die freundschaftlichen Kontakte zwischen den Pfarreien in Piedimonte und Seligenstadt weiter intensiviert und vertieft. Piedimonte, das antike Pedemontium, hat seinen Namen von seiner Lage erhalten: „am Fuße der Berge“. Das namengebende Bergmassiv, ein Teil des Appennin, heißt Monte Matese. Es erhebt sich bis über 2000 m hoch und ist sehr wald- und wasserreich. Die unterhalb gelegene 11.500 Einwohner zählende Stadt wird daher Piedimonte Matese genannt, damit sie von zwei anderen Orten namens Piedimonte zu unterscheiden ist, z. B. von dem am Fuße des Ätna gelegenen Piedimonte Etneo. Vor der malerisch am Hang sich hinziehenden Altstadt mit dem Herzogspalais erstreckt sich das von Nordwest nach Südost verlaufende weite Tal des Volturno, hinter ihr steigt die wuchtige Silhouette des Monte Matese an, ein eindrucksvolles Panorama, in welches Piedimonte eingebettet ist. Was die Historiker vor allem interessiert, ist die Antwort auf die Frage, wie Piedimonte in den Besitz von Reliquien des hl. Marcellinus kam. Dieselbe Frage stellten sich einst auch die Herausgeber der ‚Acta Sanctorum’, jenes klassischen Heiligen-Lexikons aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Die Verfasser des Artikels über Marcellinus und Petrus, gelehrte Jesuiten, teilten die allgemein anerkannte und von Einhard in seiner ‚Translatio’ begründete Auffassung, wonach Ratleik, Einhards Beauftragter für die Reliquienbeschaffung in Rom, die vollständigen Körper der beiden Heiligen einer römischen Katakombe entnommen und nach Michelstadt-Steinbach überführt habe. Die Jesuiten, die 1695 den ersten Band des Monats Juni ihres Lexikons in Antwerpen herausbrachten, hatten Einhards Darstellung als unbezweifelbare Geschichtsquelle in ihrem Artikel abgedruckt und waren daher aufs höchste irritiert, als sie am Ende ihrer Nachforschungen feststellten, auch in Piedimonte würde der hl. Marcellinus verehrt. Sie wandten sich an den Abt des dortigen Franziskanerklosters, Bruder Bartholomäus, und baten um Aufklärung. Von ihm erfuhren sie Folgendes: Im Jahr 1642 habe der Bischof des benachbarten Alife, Petrus von Medici, den halben Schädelknochen des hl. Marcellinus von Rom nach Piedimonte gebracht, und 1685 habe Bischof Lazzara auch noch einen vollständiger Armknochen des Heiligen hinzugefügt. Beide Reliquien würden, in einer silbernen Statue eingeschlossen, in der von Bischof Petrus von Medici erbauten Kapelle verehrt. Diese Statue sei ein Geschenk von Diana de Capua, der Großmutter des derzeit (um 1690) regierenden Herzogs. Auf Betreiben des Herzogs selbst werde seither (und wird bis heute) am 2. Juni ein prächtiger Umzug zu Ehren des neuen Schutzpatrons der Stadt Piedimonte und des Herzogtums abgehalten, bei dem heute noch diese Statue mitgeführt wird. Die Jesuiten waren mit der Auskunft des Abtes nicht recht zufrieden. Sie vermissten das, worauf es ihnen in erster Linie ankam und was im Kunsthandel ein ‚Echtheitszertifikat’ genannt wird, nämlich die erbetenen „beglaubigten Zeugnisse“ der beiden Bischöfe von Alife, ob sie die Reliquien tatsächlich, wie man vermutete, aus dem Fundus der römischen Kirche SS. Marcellinus und Petrus beim Lateran erhalten hätten. Ohne eine solche Beglaubigung, so die Ansicht der Jesuiten, könne die Echtheit der Marcellinus-Reliquie nicht nachgewiesen werden. In der römischen Kirche beim Lateran aber glaubt man sich heute noch im Besitz von Reliquien der Heiligen. In einer Informationstafel heißt es: „Die Reliquien der beiden Märtyrer sollen (!) im 9. Jh. nach Seligenstadt in Deutschland überführt worden sein, aber nach dem Bericht Einhards entsteht der begründete Verdacht, dass der berüchtigte Diakon Deusdona...die Erwerbungen des frommen Schriftstellers und Abts gefälscht hat, wie es so seiner Art entsprach“. Einhard also von Deusdona betrogen? Das mochten die Jesuiten nicht glauben, und so beendeten sie ihren Exkurs über die Marcellinus-Reliquie in Piedimonte daher mit den lebensklugen Worten: „In solchen Dingen (gemeint ist die Heiligenverehrung) erfüllt sich oft etwas gemäß dem Vertrauen der Betenden, was dem Misstrauen der neugierig Forschenden niemals zuteil würde“. Dem können wir uns angesichts der Quellenlage nur anschließen.


Autor: Manfred Schopp